Dienstag, 22. September 2009

Die osteopathische Behandlung verhaltensaufälliger Kinder


Interview mit Hildegard Grabmaier, D.O.:
Die osteopathische Behandlung verhaltensaufälliger Kinder
Die Osteopathin Hildegard Grabmaier hat sich auf die Behandlung von Kin-dern spezialisiert. Sie gilt in Deutschland als eine der erfahrensten Kinderosteopathen. Als Dozentin bietet sie Fortbildungen im Bereich Kinderosteopathie an und praktiziert zusammen mit zwei weiteren Osteopathen in ihrer eigenen Praxis in Herrsching am Ammersee.
Sie behandeln in Ihrer Praxis ausschließlich Kinder. Wie lange machen Sie das schon?
Ich arbeite seit 1976 mit Kindern im Bereich „Entwicklungsneurologie“, nach den Methoden Bobath, Vojta und Kiphard. Seit 1991 behandle ich ausschließlich nach dem Prinzip der Osteopathie auf der Grundlage der Entwicklungsneurologie.
Fehlende Mobilität an der Wirbelsäule, der Gelenke, der Faszien, Muskeln, dem Verlauf der Nerven und Gefäße usw. begrenzen die Möglichkeit der Bewegung und Bewegungsplanung. Diese Begrenzungen, wir nennen sie Immobilität oder Blockie-rungen, lassen sich durch die fachspezifischen Bewegungsübungen nach Bobath, Voja oder ähnlichen Therapien nicht lösen, wenn sie außerhalb der physiologi-schen Mobilität liegen.
Wie groß ist der Anteil unter ihren Patienten, den man als verhaltensauffällig be-zeichnen kann?
Etwa die Hälfte, wobei natürlich die Grenze des „Normalen“ zur Verhaltensauffäl-ligkeit nicht so eindeutig festzulegen ist. Für mich steht primär das Kind im Vorder-grund. Die Frage ist, warum sich ein Kind in der Art und Weise verhält, warum es das eigene Umfeld stört. Möchte es das Umfeld, sei es die Eltern, die Erzieherin-nen auf die eigenen Probleme aufmerksam machen? Probleme, die es selbst nicht lösen kann?
Ein Kind möchte nicht beurteilt oder abgeurteilt werden, sondern fordert spezifische Hilfe. Aus Forschungen der Kinderpsychologie und Kindersoziologie wissen wir, dass die emotionale Entwicklung des Säuglings nicht von der physischen Entwick-lung zu trennen ist. Physische Defizite, wie z.B. Störungen der Koordination oder des Gleichgewichts verunsichern das Kind, führen zu Misserfolgen und Enttäu-schungen. Das eigene Selbstwertgefühl wird geschwächt, mit der Folge eines nichtadäquaten Verhaltens in der Gruppe, beim Spielen, bei Leistungsanforderun-gen.
Sind heute mehr Kinder verhaltensauffällig als früher?
Von meiner Sichtweise her „Nein“, jedoch ist das Umfeld stärker sensibilisiert.
Die Eltern und die Erzieher im Kindergarten, die Lehrer sind wesentlich besser in-formiert und geschult und können somit früher handeln bzw. die Eltern darauf aufmerksam machen. Zusätzlich sind die kognitiven Leistungsanforderungen im Kin-dergarten größer geworden, da der Trend zur höheren Schulbildung linear nach oben geht.
Früher hat man noch eher gesagt, „man sollte dem Kind noch etwas Zeit geben“, was auch in einzelnen Fällen zutrifft. Denn solange sich das Kind primär im häusli-chen Umfeld aufhält, können die Eltern Abweichungen in der Entwicklung kompen-sieren, können dem Kind Schutz geben. In Schule und Kindergarten ist das Kind auf sich gestellt. Kommt es in eine Situation, die nicht bewältigen kann, wird es verunsichert und reagiert mit Aggressionen oder Verweigerungsaktionen.
Meine Anamnesenbefragungen zeigen, dass Eltern meist eine sehr gute Intuition haben, wenn „bei ihren Kindern etwas nicht stimmt“. Sie werden jedoch häufig
Thema: Verhaltensauffällige Kinder, Januar 2008 Verband der Osteopathen Deutschland e.V. - Presseheft 2008
durch das Umfeld oder auch von Ärzten beschwichtigt, dass das Kind „normal“ sei. Ich denke in der knappen Zeit einer normalen Sprechstunde kann man diese um-fangreiche Problematik auch nicht erkennen. Das wird von den Eltern auch gerne angenommen. Man sollte die Eltern jedoch darin bestärken eine zweite Meinung einzuholen.
Wenn ich als Elternteil einen solchen Verdacht habe, wo sollte ich hingehen?
Immer zuerst zum betreuenden Kinderarzt. Er kennt die Vorgeschichte dieses Kin-des. Und mit dem müssen dann weitere Schritte besprochen werden. Danach oder auch gleichzeitig empfiehlt sich ein Osteopath, der die Gesamtentwicklung des Kindes beurteilen kann. Der Osteopath hat eine eigene Diagnostik und Behandlung. Am besten arbeiten Arzt und Osteopath zusammen und ergänzen sich.
Dieser Osteopath muss aber ein fundiertes Wissen im entwicklungsneurologischen Bereich haben. Er muss wissen, wann und wie sich die Sprache entwickelt, dass Feinmotorik eine enge Verbindung zur Gleichgewichtsentwicklung hat usw.
Wenn sie zu einem Arzt gehen, dann meinen sie ja immer einen spezifischen Arzt. Und das ist hier genauso. Das Berufsbild deckt nicht alle Probleme ab, sondern man muss sich wirklich spezifisch fortgebildet haben. Ruft mich z.B. eine Schwan-gere an, die einen Termin haben möchte, dann leite ich sie an eine Kollegin weiter, die diesen Bereich abdeckt. Üblicherweise läuft es ja jetzt schon so unter den nie-dergelassenen Osteopathen.
Die Eltern brauchen eine Praxis, an die sie sich vertrauensvoll wenden können, ohne nochmals Zeit zu versäumen. Sie müssen deshalb auch wirklich anfragen, ob dieser Osteopath eine gesamte Ausbildung an einer anerkannten Schule durchlau-fen und Erfahrung mit Kindern hat.
Das Wohl des Kindes liegt in der Hand der Eltern. Welche Rolle spielt denn der Erziehungsstil bei der Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten?
Eine sehr große. Die Eltern spielen die absolut wichtigste Rolle bis zur Zeit des Schulalters. Das Kind muss wissen, dass man es gern hat und dass es ein wichti-ger und willkommener Teil der Familie ist. Es darf nicht das Gefühl haben, dass es z.B. die Partnerschaft oder den Tagesablauf stört.
Es braucht ab dem Zeitpunkt der Geburt feste Rhythmen, für das Schlafen, Essen, Spielen. Es muss sich darauf verlassen können, dass es pünktlich zum Kindergar-ten gebracht und abgeholt wird, dass es danach etwas Gutes zum Essen be-kommt.
Negative Einflüsse für die Entwicklung entstehen natürlich bei permanenten Part-nerschaftsproblemen der Eltern, wo die Kinder der Spielball der Streitigkeiten sind. Das Kind wird sich Sorgen machen: Wie geht es mit mir weiter? Wie sieht meine Zukunft aus? Bin ich irgendwann alleine? Die gesunde Entwicklung des Gehirns ist nachweislich sowohl von internen wie auch externen Faktoren abhängig, d.h. von einem guten Gesundheitszustand des Kindes und von positiven Einflüssen, die es aus der Umwelt bezieht.
Wie gehen Sie als Therapeutin damit um?
Indem die Eltern in meine Praxis kommen, geben sie bereits das Signal, dass sie Hilfe suchen. Das ist etwas sehr Positives, eine gute Basis für mich als Therapeu-tin. Diese Eltern erwarten Rat und Lösungsvorschläge. Die Eltern, die nichts wahr-nehmen, die suchen mich ja nicht auf, denen ist das egal. Die denken, die Schule oder der Kindergarten soll die Kinder erziehen.
Wenn diese Eltern also zu mit kommen, erkläre ich anhand eines genauen Befun-des und der Anamnese, was ich beobachtet habe, wie ich das Gesamtbild des Kin-des empfinde. Entsprechend des osteopathischen Befundes löse ich als erstes die
Thema: Verhaltensauffällige Kinder, Januar 2008 Verband der Osteopathen Deutschland e.V. - Presseheft 2008
Immobilität, die Blockaden. Damit beseitige ich die Hindernisse, die oft seit dem Zeitpunkt der Geburt bestehen und häufig die Ursache des Problems sind, z.B. eines Gleichgewichtsdefizits. Damit schaffe ich die Grundlage, dass das Kind seine Fähigkeiten und Möglichkeiten überhaupt zum Ausdruck bringen kann, denn „die Struktur bestimmt die Funktion“, ein wichtiges Statement der Osteopathie. Die phy-sische und die psychische Struktur sind nicht voneinander zu trennen. Ein Kind, das nie eine Struktur erfahren hat, kann diese auch nicht leben. Struktur beinhaltet Selbstdisziplin und diese ist notwendig um konzentriert zu lernen und sich die Zeit einzuteilen.
Im günstigsten Fall leben die Eltern den Kindern die Struktur im Alltag vor. Oft ist es nötig den gesamten Tagesablauf durchzusprechen, um den Eltern die Situation bewusst zu machen. Beginnen die Eltern die Gesamtsituation zu verstehen, ent-steht die Bereitschaft mitzuarbeiten. Das Kind spürt das und ist selbst bereit etwas zu tun. Dann erst normalisiert sich das Verhalten und auch die Situation in der Fa-milie ist weniger angespannt.
Übersteigen die bestehenden Befunde meine therapeutischen Möglichkeiten, dann bespreche ich die Situation mit dem betreuenden Kinderarzt und versuche mit ihm eine gemeinsame Lösung zu finden.
Sie erwähnten ein Gleichgewichtsdefizit als Ursache. Wie hängt das mit Verhal-tensauffälligkeiten zusammen?
Das Gleichgewicht spielt eine zentrale Rolle. Die Gleichgewichtsentwicklung be-ginnt bereits im Uterus und wird ab dem Zeitpunkt der Geburt unter den Bedingun-gen der Schwerkraft fortgeführt. Gesundes Gleichgewicht ist die Grundlage jeder Grob- und Feinmotorischen koordinierten Bewegung wie Drehen aus Bauch- und Rückenlage im Säuglingsalter, Krabbeln und Gehen, Stehen, Sprechen usw. Gleichgewicht bedeutet Stabilität in Ruhe und Bewegung! Gleichgewichtsdefizite, die die Kinder vom Säuglingsalter an entwickeln, sind die Wurzel für sehr viele Fol-gesymptome, wie z.B. häufiges Hinfallen, Anrempeln an Gegenständen, Unge-schicklichkeit, Störungen der Hand-Augenkoordination, der Sprachentwicklung.
Bei nahezu allen Kindern mit der Diagnose ADHS ist das Gleichgewicht mäßig bis stark gestört. Die betroffenen Kinder wirken wie getrieben, beherrschen keine sta-bile Position, weder im Sitzen noch in der vertikalen Aufrichtung. Haben ihre Mitte nicht gefunden, sowohl auf psychischer wie auch physischer Ebene. Eltern inter-pretieren diesen übersteigerten Bewegungsdrang etwa in der Weise: „Mein Kind ist nicht zu bremsen, ist ständig in Bewegung, trotz permanenter Misserfolge klettert es auf Bäume, fällt dauernd hin, zerbricht Geschirr...“ Dies ist Ausdruck eines man-gelnden Gleichgewichts.
Das so genannte ADHS ist ja nicht plötzlich im Kindergarten- bzw. Schulalter da. Es entwickelt sich im frühen Kindesalter und fällt dann stark auf, wenn höhere An-forderungen auf das Kind zukommen. Es handelt sich um einen Symptomen-komplex mit Wahrnehmungsdefiziten, aggressivem Verhalten, Schlafstörungen, Teilleistungsschwächen und beruht meines Erachtens auf einer Störung der postu-ralen Entwicklung.
Dazu ein Beispiel: Ein Kind kommt auf die Welt, die Geburt verlief sehr schwer, Mutter und Kind haben die Geburt negativ erlebt. Das Kind stand während der Ge-burt unter dem Einfluss traumatischer Kräfte, die zu Blockaden und Mobilitätsdefizi-ten führten. Das Kind schreit und hört nicht auf, wenn man es aufnimmt. Es saugt nicht an der Brust, sondern dreht den Kopf weg und schreit weiter. Die Mutter ver-sucht das Kind zu beruhigen, schaukelt und streichelt es. So sehr sie sich bemüht, das Kind schreit weiter. Die Mutter interpretiert das als Ablehnung.
Dabei hat dieses Kind möglicherweise geburtstraumatische Läsionen, die funktionelle und taktile Störungen verursachen wie Saugprobleme und Verdauungsprobleme,
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Gleichgewichtsdefizite, Schmerzen bei Berührung im Kopf- und Gesichtsbereich, massive Schlafstörungen.
Diese schwierige und negative Alltagserfahrung vom ersten Moment des Zusam-menlebens an belastet die Mutter-Kindbeziehung sehr stark. Anstatt gegenseitiges Vertrauen zu entwickeln kommt es zu Frustrationen von beiden Seiten. Die Gefahr für eine Interaktionsstörung ist sehr groß. Die einzige Möglichkeit der Eltern ist, sich den Schwierigkeiten des Kindes anzupassen: Das Kind kann an der Brust der Mutter nicht saugen, also gibt man die Flasche, das Kind schreit beim Hochneh-men aus der Rückenlage, also lässt man es ruhig liegen – obwohl die wichtige Stimulation des Gleichgewichtsorgans durch Bewegung im Raum erfolgt. Die Mutter lernt die Defizite des Kindes kennen und versucht diese zu kompensieren, z.B. indem sie Sozialkontakte wie Kleinkindgruppen vermeidet, weil das Kind nicht mit Gleichaltrigen spielt und sich destruktiv und aggressiv verhält. Mutter und Kind zie-hen sich dann immer mehr zurück.
Ab der Kindergartenzeit erweitert sich das soziale Umfeld des Kindes, der unmit-telbare Schutz der Mutter fällt weg, altersgemäße Fähigkeiten und Sozialkompe-tenzen werden gefordert. Spätestens jetzt registriert das betroffene Kind, dass es nicht auf gleicher Ebene mit anderen Kindern spielen kann, grob- und feinmotori-sche Aufgaben nicht erfüllen kann. Es beginnt sich unwohl und unsicher zu fühlen und die anderen Kinder zu stören.
Wie hilft die Osteopathie Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten?
Blockaden und fehlende Mobilität in den Geweben und Gelenken stören die beste-henden Funktionskreise des Organismus, vergleichbar mit mehreren Zahnrädern: Ist nur eines der Zahnräder blockiert oder verlangsamt, wird es den gesamten Funktionsablauf stören oder sogar außer Kraft setzen.
Die Befundaufnahme einer osteopathischen Behandlung begrenzt sich nicht auf die Symptome des Kindes, sondern das Ziel ist es die Ursache des Problems he-rauszufinden und zu behandeln. Die kann bis zum Zeitpunkt der Geburt oder sogar bis zur Schwangerschaft zurückreichen. Je jünger das Kind ist, desto weniger sind die ursächlichen Probleme durch Kompensationen überdeckt, desto leichter haben wir Osteopathen es sie herauszufinden. Bis zum etwa dritten Lebensjahr kann der Osteopath die Behandlung eines Kindes auch alleine abdecken, danach ist es sinnvoll zusammen mit Logopäden, Optometristen und Ergotherapeuten zu arbei-ten, da das größere Kind meist Ersatzmuster mit Sekundärsymptomen entwickelt hat.
Wichtig ist, dass der evaluierte osteopathische Befund einen anatomischen und physiologischen Bezug zu bestehenden Problemen des kleinen Patienten hat. Nur daraus kann erfolgreiche Behandlung resultieren. Bei der Variabilität des menschli-chen Organismus ist es nicht möglich nach einem bestimmten „Kochrezept“ vorzu-gehen.
Was macht der Osteopath gegenüber dem Arzt anders?
Der große Unterschied zwischen Arzt und Osteopath ist der, dass wir die Sympto-me zwar betrachten und einbeziehen, sie aber nicht Grundlage unserer Behand-lung sind. Die Symptome sind nur der Ausdruck einer Störung und nicht deren Ur-sache.
Der Arzt wird danach schauen, ob das Kind krabbeln kann, ob es laufen kann, ob es etwas greifen kann. Der Osteopath betrachtet, wie das Krabbeln, das Laufen und das Greifen aussehen. Wir hinterfragen den Zustand dieser Funktionen. Für uns ist die Quantität wichtig, aber die Qualität ist das Primäre.
Thema: Verhaltensauffällige Kinder, Januar 2008 Verband der Osteopathen Deutschland e.V. - Presseheft 2008
Wie sieht eine osteopathische Behandlung aus?
Die Struktur des Gewebes bestimmt die Qualität der Funktion. Das ist der oberste Leitsatz der Osteopathie. Gewebe, das durch traumatische Geschehnisse in seiner Mobilität eingeschränkt ist, wird fest und stört den Stoffwechsel und damit die Leis-tung des Körpers. Der Osteopath löst diese Einschränkungen mit speziellen manu-ellen Techniken.
Bei der Behandlung werden die Gewebsfestigkeiten und Bewegungseinschränkun-gen aufgesucht. Diese werden dann in Bezug zu der bestehenden Problematik gesetzt, behandelt und in das Gesamtfunktionssystem der Strukturen integriert.
Erfolgreich ist die Behandlung jedoch nur dann, wenn man das Problem im Sinne des Patienten gelöst hat, nicht alleine wenn die Blockade gelöst ist.
Wie lange dauert eine osteopathische Behandlung?
Ich behandele drei Mal engmaschig, also etwa 14täglich. Wenn sich dann erste Besserungen zeigen, dann beginnt man die Termine zu strecken, alle vier Wochen, dann alle sechs und so weiter, entsprechend den Fortschritten des Kindes.
Begleitend behandelt man das Kind oft jahrelang, aber in einem Abstand von ei-nem Vierteljahr. Oder das Kind kommt bei „Bedarf“, d.h. nach schweren Infektio-nen, nach traumatischen Erlebnissen. Die Eltern sind dann meist schon so sensibi-lisiert, dass sie wissen, wann das Kind eine Behandlung benötigt.
Bei Kindern bis zwei Jahren sind maximal zehn Behandlungen notwendig.
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In welchen Fällen sollte man sich nicht zu viel von einer Behandlung erwarten?
Wenn die Ursache der Entwicklungsproblematik und Verhaltensproblematik im mentalem Bereich liegt, z.B. bei Trisomie-Patienten. Hier liegt die Erfolgsquote eher im unteren Bereich.
Oder wenn das familiäre Umfeld dagegen arbeitet. Wenn die Mutter zu mir kommt, der Vater aber dagegen ist. Hier wäre die Behandlung eher kontraproduktiv, weil das Kind wieder zum „Spielball“ der Eltern reduziert wird.
Gibt es Fälle, in denen sie von einer osteopathischen Behandlung abraten würden?
Grundsätzlich nein. Ausnahmen sind akute Infektionen, die gehören ausschließlich in die Hand eines Arztes. Man würde hier das Immunsystem irritieren.
Ansonsten muss man die Ergebnisse beobachten. Wenn sie häufig behandeln und es hilft nicht, dann wird bei diesem Kind der Eindruck entstehen, dass da wieder etwas an ihm gemacht wird und zwar ohne Erfolg. Das ist eine neue Frustration. Wenn sich bei meinen Patienten nach drei Behandlungen nichts tut, dann bin ich nicht an der richtigen Stelle. Dann muss der Patient vielleicht zu einem anderen Therapeuten. Es kann dann aber sein, dass ich nach einem halben Jahr mehr er-reiche. Oft ist der Osteopath die richtige Adresse, aber eben nicht immer. Man muss immer da Hilfe bieten, wo das größte Übel sitzt, dann kann man den Rest behandeln.
Frau Grabmaier, besten Dank für das Gespräch.

Thema: Verhaltensauffällige Kinder, Januar 2008 Verband der Osteopathen Deutschland e.V. - Presseheft 2008 Thema: Verhaltensauffällige Kinder, Januar 2008

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