Mittwoch, 23. September 2009

Osteopathische Begleitung in der Schwangerschaft

Verband der Osteopathen Deutschland e.V.

Eine Schwangerschaft bringt zahlreiche Veränderungen mit sich. Nicht nur der Körper der Mutter unterliegt einer Vielzahl von körperlichen strukturellen und hormonellen Veränderungen, auch die seelisch-emotionale Befindlichkeit verändert sich immer wieder. Osteopathen sind in der Lage, durch ihren ganzheitlichen sanften und respektvollen Ansatz zum gesteigerten Wohlbefinden der Schwangeren, zur Vorbereitung einer sanften, häufig kürzeren und komplikationsarmen Entbindung sowie zur Linderung von möglichen Beschwerden danach beizutragen.
Schon nach der Empfängnis stellt sich der Körper einer werdenden Mutter auf das Wachstum und die Versorgung des Kindes ein, ihre Befindlichkeit unterliegt starken Schwankungen und der Körper reagiert oft mit Beschwerden. Wenn erste äußere Anzeichen wie Übelkeit und Erbrechen auftreten, sind bereits viele Hormon- und Stoffwechselprozesse abgelaufen und im Gange, der Fötus wächst und mit ihm die Gebärmutter und die sie haltenden Bänder. Durch das Wachstum und den erhöhten Versorgungsbedarf werden zunehmend die inneren Organe verlagert und verdrängt, der Druck auf die umliegenden Strukturen, insbesondere auf Magen, Darm, Lunge und Zwerchfell sowie Blut- und Lymphgefäße erhöht sich und setzt sie unter Spannung. Der Osteopath kann durch allgemeine Entspannungen und Harmonisierung des gesamten Systems und durch spezifische Behandlung der betroffenen inneren Organe, des Zwerchfells und der beteiligten Muskeln, Bänder, Sehnen und Faszien im Bauchraum die Beschwerden lindern. Gleichzeitig unterstützt er durch die Harmonisierung der Druck- und Spannungsverhältnisse und durch Lösung von Verklebungen und Restriktionen im Bauchraum die ungehinderte, freie Beweglichkeit und Entwicklung des Kindes.
Häufig auftretende Rücken-, Hals-, Nacken- und Beckenschmerzen sind oft auf Fehlstellungen knöcherner Strukturen durch die Gewichtszunahme und Mehrbelastung der Wirbelsäule zurückzuführen. Sie können aber auch Folgeerscheinungen früherer Traumen, z.B. Operationen und Unfälle, sein oder von chronischen Fehl- oder Überbelastungen stammen. Frühere Geburtskomplikationen, lange andauernde Geburten, Eingriffe während der damaligen Geburt oder gar selbst erlebte Geburtstraumen können ebenfalls Beschwerden verursachen. Sofern sich nicht durch Veränderungen in der Schwangerschaft Ungleichgewichte von alleine lösen, kann der Osteopath mit seinen Händen unterschiedliche sanften Techniken anwenden und akute und chronische Bewegungseinschränkungen beseitigen - immer in dem Maße, wie das Gewebe der Behandelten es zulässt. Kommt es z.B. im Laufe der Schwangerschaft zur Kurzatmigkeit, so kann die Entspannung der Strukturen in Brust- und Bauchraum eine bessere Atmung bewirken. Auch unangenehme Begleiterscheinungen wie Ödeme, Inkontinenz, Nieren- und Blasenstörungen können häufig mit osteopathischen Techniken gelindert oder gar verhindert werden. Im Falle von Ödemen beispielsweise durch Unterstützung des Rückflusses von Blut und Lymphe.
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Die osteopathische Begleitung wird allerdings allgemein erst ab der 12.-16. Schwangerschaftswoche empfohlen, nachdem sich die Schwangerschaft gewöhnlich stabilisiert hat und im Normalfall die Gefahr einer Fehlgeburt ausgeschlossen werden kann.
Geburtsvorbereitung
Ab dem sechsten Schwangerschaftsmonat ist eine osteopathische Geburtsvorbereitung möglich. Studien haben gezeigt, dass bei osteopathisch behandelten Teilnehmerinnen weniger Geburtskomplikationen auftreten und es zu einer Verkürzung bzw. Verringerung der Wehendauer und Wehenintensität kommen kann. Durch die begleitenden Behandlungen wird die gute und freie Beweglichkeit der unteren Wirbelsäule, des Kreuz-, Steiß- und Darmbeines sowie aller anderen beteiligten Sehnen, Bänder, Muskeln und Faszien unterstützt. Die knöchernen und muskulären Strukturen werden für den Geburtsvorgang und die Dehnung des Geburtskanals vorbereitet, die Beweglichkeit der Beckengelenke, der Beckenweichteile und des Beckenbodens erhöht. Dabei ist es allgemein nicht erforderlich, dass der Osteopath im Intimbereich arbeitet. Zudem kann er mit sanften Griffen die optimale Geburtsposition und die nötigen Drehungen des Babys unterstützen.
Nachsorge nach der Entbindung
Nach der Geburt können osteopathische Behandlungen die Rückbildung des Gewebes nach der starken Dehnung der mütterlichen Bänder und Beckenstrukturen fördern und die Selbstregulationsprozesse anregen. Mithilfe von so genannten direkten oder indirekten Techniken werden Verschiebungen von Kreuzbein und Schambein reguliert und können entstandene Narben durch z.B. Dammriss, Dammschnitt und Kaiserschnitt sowie Ursachen häufig vorkommender Schmerzen im Bereich des Rückens, Damms und Steißbeins behandelt werden. Auch die Ursachen möglicher Symptome wie Kopfschmerzen, Migräne, Schlaf- und Hormonstörungen, Müdigkeit, Wochenbettdepressionen, Krampfadern und Obstipation spürt der Osteopath auf.
Tritt während des Stillens ein Milchstau auf oder ist die Milchbildung vermindert, stehen wiederum sanfte Techniken zur Lösung der Symptomatik zur Verfügung. Die stärkere Beanspruchung des Schulter-, Arm- und Brustbereichs durch das Stillen und Tragen des Babys haben oft Muskelverspannungen zur Folge. Auch hier ist der Osteopath in der Lage, die entsprechenden Regionen zu entspannen und Tipps für auf Dauer gesündere Körperhaltungen anzubieten.
Osteopathische Begleitung des Neugeborenen
Tritt das Baby während der Entbindung durch den engen Geburtskanal, unterliegt neben der Schulterregion hauptsächlich sein Kopf einer starken Verformung, die einzelnen noch weichen und z.T. noch nicht verwachsenen Schädelknochen verschieben sich. Die dadurch entstehenden Spannungen innerhalb des Schädels und im Körper können sich auf die Entwicklung des Kindes auswirken, insbesondere bei schwierigen Geburten, Kaiserschnitten, Zangen- oder Saugglockeneinsatz. Innerhalb der ersten Wochen werden diese Verschiebungen und Verformungen normalerweise auf natürliche Weise
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ausgeglichen. Bestehen sie weiter, kann der Osteopath das kindliche System, insbesondere durch so genannte kraniosacrale Techniken, wieder harmonisieren - natürlich auch im Akutfall - und mögliche Ursachen von Symptomen wie z.B. Dreimonatskoliken, Schiefhals und Schlafstörungen, sowie Schrei- und Spuckkinder behandeln.
In einigen Ländern wie z.B. Frankreich wird die osteopathische Begleitung von Mutter und Kind während und nach der Schwangerschaft als Gesundheitsvorsorge für beide und zur Unterstützung der Entwicklung des Kindes intensiv genutzt. Dort ist bereits seit längerem bekannt, dass die osteopathischen Behandlungen die Auswirkungen der inneren und äußeren Stressfaktoren in diesem Zeitraum reduzieren können und ein stärkeres körperliches und seelisches Gleichgewicht herstellen.
Abdruck honorarfrei.
Belegexemplar erbeten.
Thema: Sanfte Medizin für Frauen

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