Mittwoch, 23. September 2009

Osteopathie statt Operation



Eine angerissene Bizepssehne, ein doppelter Rippenbruch, zahlreiche Unfälle: Ferdinand Stracke hat sich im Laufe seiner 71 Jahre viele Blessuren zugezo-gen. Die Folge: Im Alter war seine Bewegungsfähigkeit eingeschränkt und er hatte immer Schmerzen in der Schulter. Mit Hilfe der Osteopathie hat er eine Schulteroperation verhindern können.
Der Unfall passierte vor 20 Jahren in einem abgelegenen Dorf im französi-schen Hochgebirge. Ein falscher Griff, ein heftiger Schmerz, die rechte Schul-ter war nach kurzer Zeit schwarz und blau und kein Arzt weit und breit. So blieb die Verletzung unbehandelt. Erst später erfuhr Ferdinand Stracke, dass er sich bei dem Unfall die Bizepssehne zum Teil abgerissen hatte. Festgestellt hat das ein Masseur – Jahre danach und damit viel zu spät für eine Behand-lung der Sehne.
Aber es hat lange gedauert, bis Ferdinand Stracke die Auswirkungen dieser Verletzung richtig gespürt hat. In den ersten Jahren hat seine Lebensqualität nicht wesentlich gelitten. „Ich hatte einen Kräfteverlust im rechten Arm, aber keine Bewegungseinschränkungen“, erklärt er. Mit den Jahren hat sich das aber drastisch geändert.
„Ich hatte irgendwann immer Schmerzen, bestimmte Bewegungen konnte ich gar nicht mehr machen. Vor fünf Jahren konnte ich den Arm nicht mehr heben, beim Autofahren nichts mehr vom Rücksitz nehmen, den Ball für meinen Hund nicht mehr werfen oder mir nur noch unter Mühen alleine eine Jacke anzie-hen“,
beschreibt der sportlich aktive 71-Jährige seine Beschwerden.
Sein erster Weg führte ihn zum Orthopäden, der eine Asymmetrie in der rech-ten Schulter feststellte, die er auf den Anriss der Bizepssehne zurückgeführte. Die Bizepssehne fixiert das Schultergelenk. Ohne diesen Halt sitzt die Gelenk-kugel nicht mehr richtig in der Pfanne – die Schulter wird instabil. Langfristig führt das zu starken Schmerzen und zu den massiven Bewegungsbeeinträch-tigungen. Aus orthopädischer Sicht blieb als Behandlung nur eine komplizierte Operation des Schultergelenks.
Genau davor aber hatte Ferdinand Stracke Angst.
„Es gibt in meinem engen Bekanntenkreis zwei Fälle, bei denen ähnliche Schulteroperation trotz Nachoperationen nicht zu einem befriedigenden Er-gebnis geführt haben“,
begründet er seine Bedenken. Diesem Risiko wollte er sich nicht aussetzen.
Ein Freund hat ihm schließlich eine osteopathische Behandlung empfohlen, „eine für mich ganz neue Welt“, wie Stracke heute sagt. Nach einer intensiven Erstuntersuchung, der so genannten Anamnese, versicherte ihm die Münchner Osteopathin Stefanie Geldschläger, dass sie mit ihrer Behandlung einen für ihn befriedigenden Zustand erreichen könne.
„Ich fand das sehr mutig. Als Architekt denke ich immer in Kriterien der Statik. Deshalb konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, wie mir die Osteopathie helfen sollte. Aber Frau Geldschläger wirkte als Persönlichkeit so überzeu-gend, dass ich ihr vertraut habe“,
berichtet Stracke, früher ordentlicher Professor an der Technischen Universität (TU) in München und seit seiner Pensionierung am Institut für Stadt-, Regional und Freiraumplanung der TU München tätig.
Thema: Beweglich im Alter Verband der Osteopathen Deutschland e.V.
Stefanie Geldschläger hat aber nicht in erster Linie die rechte Schulter behan-delt. „Herr Stracke hatte in seinem Leben mindestens 10 Unfälle und dement-sprechend viele Beeinträchtigungen am Körper.“ Für die Schmerzen und die Einschränkung der Beweglichkeit in der rechten Schulter spürte sie drei Funk-tionsstörungen im Körper auf. Als erstes behandelte sie die Folgen eines dop-pelten Rippenbruchs links. Durch diesen etwa zehn Jahre zurückliegenden Bruch wurde die Statik im Brustkorb verändert, was die Schulterüberlastung rechts maßgeblich mit ausgelöst hatte, weil die Schulter nicht ausheilen konn-te. Als nächstes therapierte sie ein Schmerzsyndrom an der Lendenwirbelsäu-le. Erst danach widmete sie sich dem Teilabriss der Bizepssehne rechts, der eine Fehlstellung im Bereich des rechten Armes verursacht hatte.
„Der Oberarmkopf war im Schultergelenk nach vorne verschoben, dadurch war die freie Beweglichkeit eingeschränkt. Deshalb stößt der Oberarmkopf gegen das Schulterdach, wenn man den Arm hebt. Das verursacht die Schmerzen und die eingeschränkte Beweglichkeit“,
erklärt Geldschläger, die seit mehr als zehn Jahren als Osteopathin arbeitet.
Die positiven Auswirkungen der Behandlung hat Stracke schnell gespürt: Die Schmerzen wurden langsam weniger, die Beweglichkeit kam zurück. Aber nach vier Monaten wurde er dennoch ungeduldig.
Deshalb wandte sich Stracke erneut an einen Orthopäden, der ihm drei schul-medizinische Behandlungsmöglichkeiten nannte: Massagen, Spritzen oder eine Operation. Vor letzterem schreckte er zurück, also ließ er sich eine Sprit-ze geben. „Die Schmerzen waren danach fast weg, kamen aber nach einer gewissen Zeit leider wieder“, erzählt Ferdinand Stracke.
So kehrte er schließlich doch zu Stefanie Geldschläger zurück.
„Insgesamt hat die Behandlung ein dreiviertel Jahr gedauert. Das ist unge-wöhnlich lange und kann nur an den vielen Verletzungen und Traumata liegen, die sich Herr Stracke im Laufe seines Lebens zugezogen hat“,
erklärt die erfahrene Osteopathin.
Bereut hat Ferdinand Stracke diese Entscheidung bis heute nicht. „Ich habe heute bei bestimmten Bewegungen immer noch leichte Schmerzen, aber ich kann wieder alles machen,“ sagt er und steckt sich den Ball in die Tasche für seinen Hund, mit dem er gleich Spazieren geht.
Thema: Beweglich im Alter

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